Haushaltsrede Ingrid Balzer 2015

Politische Leitlinien für das Jahr 2015:

von der Vorsitzenden Ingrid Balzer am 23.6.2015

 

Es gibt offensichtlich nichts, was es nicht gibt. Nachdem wir den Schock der Gewerbesteuerrückzahlungen und deren Verzinsung in Höhe von 62 Mio. € aus dem März  einigermaßen überwunden haben, machen wir uns – genau wie die Verwaltung – noch einmal unverdrossen ans Werk und versuchen, die Finanzen der Stadt unter den veränderten Voraussetzungen wieder in geordnete Bahnen zu lenken.

Lassen sie mich aber eine Anmerkung machen. Es ist doch wohl die unglaublichste Angelegenheit der Welt, wenn eine finanzielle Transaktion der Daimler-Benz AG  aus den Jahren 2002/2003 wohlgemerkt im Rahmen der damals geltenden gesetzlichen Bestimmungen durch eine Anzeige einer Kapitalgesellschaft im fernen Münster zu einem Urteil des obersten Bundesfinanzgerichts im Jahr 2014 führt, dessen Auswirkungen auf die Finanzen der Stadt Sindelfingen mindestens bis ins  Jahr 2019 reichen werden  und unter Umständen sogar noch länger zu spüren sind.  Erklären sie das doch bitte einmal unseren Mitbürgern und Mitbürgerinnnen. Die fassen sich doch sofort an den Kopf und erklären uns für verrückt.

Gerettet hat uns vorerst im Grunde eine unerwartete zusätzliche Gewerbesteuervorauszahlung  von  30 Mio. und die Verschiebung einiger sehr teurer Projekte in spätere Jahre. Dadurch müssen im Jahr 2015 weiterhin keine Kredite aufgenommen werden.  Ans Eingemachte geht es also vorerst nicht.  Aber das jetzt praktizierte Schieben und Strecken der Ausgaben führt unserer Meinung nach sicher  zu einem Engpass in den Jahren 2016 und 2017.

Der Verwaltung gebührt große Anerkennung, dass es ihr gelungen ist, durch kürzen, sparen und schieben bei Hunderten von Positionen nicht nur einen genehmigungsfähigen Haushalt, sondern eine schwarze Null hinzubekommen. Wir meinen aber, dass durch die weitere Vorauszahlung die Haushaltssituation  nicht so verzweifelt ist, dass man für 2015 harte Sparmaßnahmen erzwingen muss. wenn man überzeugt ist, dass die betroffenen Maßnahmen wichtig sind

und ein oder zwei Jahre später doch durchgeführt werden müssen. Dann kann man zwecks zeitgerechter  Realisierung wohl vorsorglich auch mal Kredite aufnehmen, die in den nächsten Jahren ohnehin notwendig werden, wie die mittelfristige Finanzplanung zeigt.

Damit sind wir aber bereits mitten in dem Maßnahmenkatalog, der zu einer gewissen Konsolidierung des Haushalts führen soll. Das Investitionsvolumen für Kitas, Sport und Innenstadt wurde relativ geringfügig zurückgefahren. Wir Freien Wähler haben schon in der ersten Haushaltsrunde eine Bedarfsplanung im Kinderbereich gefordert. Bis jetzt leider ohne Ergebnis. Wir bauen weiter fleißig Kitas an und um, obwohl im Kitabereich auf dem Platz des ehemaligen Gasthauses Stern eine Kita , um nicht zu sagen ein Kinderhaus mit insgesamt 6 Gruppen kommt und im Fegerareal längst eine private Kita eingerichtet wurde,  fehlen uns nach wie vor aussagefähige Zahlen.

Was unserer Auffassung nach vorrangig ist, ist die Kita auf der Viehweide im Max-Liebemann-Weg, sie muss umgehend  fertiggestellt werden. Und wenn ich schon bei den Kitas bin, noch ist über die zukünftige Bezahlung der Erzieherinnen nicht das letzte Wort gesprochen. Im Augenblick läuft  die Schlichtung, unter der Hand wird aber bereits darüber gesprochen, dass wieder gestreikt werden könnte.  Wir unterstützen in diesem Zusammenhang den Antrag der Kinder- und Jugendbeauftragten, den Eltern, deren Kinder anlässlich des KITA-Streiks keine Notbetreuung in Anspruch genommen haben, die Gebühren zurückzuerstatten.

Wir beantragen damit für die unmittelbare Zukunft eine Darstellung der aktuellen Belegung aller Sindelfinger Kitas und Krippen, klare Aussagen über die Länge etwaiger Wartelisten in den verschiedenen Kindergartenbereichen und auch die Darlegung der künftigen Kinderzahlen, soweit sie heute aus Anmeldungen oder aus den Melderegistern bereits zu erwarten sind. Wir wollen uns selbst als Entscheidungsgrundlage ein belastbares Wissen über die künftigen Anforderungen an unsere Einrichtungen und von der Notwendigkeit zusätzlicher Erweiterungsbauten machen können. Offen ist im Augenblick auch noch die Erhöhung der Kita-Gebühren..

Wir sehen als derzeitigen Schwerpunkt der Investitionen den Glaspalast, den Bau weiterer Krippenplätze, den Ausbau der GWRS Maichingen (die Grundsteinlegung hat ja bereits stattgefunden)und die schnellstmögliche Fertigstellung der Realschule am Klostergarten. Und wir beantragen, die Planungen und Gutachten für die Sanierung der Tiefgarage Marktplatz so rasch als möglich voranzutreiben, um auch die eigentliche Instandsetzung  zügig angehen zu können. Durch das „Verschieben“ dieser Sanierung werden ungezählte Bürgerinnen und Bürger täglich mit den bedauerlichen Parkproblemen konfrontiert.

Im Grunde würden wir angesichts des Zustandes der Straßen die geplanten  500 000,– € Einsparung bei dieser Haushaltsstelle ablehnen, aber wir sind ja bereits so weit im Jahr 2015 fortgeschritten, dass man davon ausgehen kann, dass die Verwaltung diese 500 000,- € Einsparung ohnehin nicht mehr würde umsetzen können.

Die Sanierung der Schultoiletten ist aus unserer Sicht eine absolute Notwendigkeit und in keiner Weise zu diskutieren. Wir meinen aber auch, dass die bisher als  notwendig erachtete Renovierung von Klassenzimmern nicht zurückgestellt werden soll. Wir beantragen, alle Renovierungsarbeiten wie geplant durchzuführen.

Ganz anders die Erhöhung der Grundstückserlöse, dieser Posten  ist doch der Joker im Rahmen der Einsparungen und in gewisser Weise der Beliebigkeit anheim gegeben. Hier plädieren wir eindeutig für den Erwerb eines Grundstücks oder Hauses für den Stadtteiltreff Viehweide – was die Grundstückserlöse wieder nach unten korrigieren  könnte, auch wenn  im Haushalt dafür bereits Gelder vorgesehen sind.

Die Investitionen für die drei kulturellen Einrichtungen Galerie, Stadtmuseum (auf die Gussmannstube haben wir bereits bei der ersten Haushaltsrunde hingewiesen) und SMTT werden jeweils um ein Jahr verschoben und die Galerie sogar um drei Jahre. Wer garantiert uns denn, dass die Investitionen in einem Jahr oder in drei Jahren wieder aufgenommen werden?

Sicher gehören die zur Zeit diskutierten zukünftigen Planungen für die Entwicklung der Sportstätten  zu den spannendsten kommunalpolitischen Aufgaben der kommenden Jahre. Da ist einerseits der Beschluss die Sportstätten gänzlich in Richtung   Allmend zu verlegen und andererseits wächst bereits die Erkenntnis, dass dies so nicht optimal zu verwirklichen ist. Wir erwarten von den verschiedenen  bereits in Auftrag gegebenen Gutachten zu der Problematik   die notwendigen Aussagen.

Eine ganz andere Sache ist der Stellenplan. Die Verwaltung wurde umstrukturiert. Ämter sind von einem Dezernat ins andere gewandert und ein  neues Amt eingerichtet. Nun halten wir es für dringend geboten, dass der Gemeinderat endlich zu wissen bekommt, wer in welchem Amt arbeitet. Uns interessieren vor allem  die Personen, die dort für die Stadt arbeiten.

Wenn die Bürgerinnen und Bürger sagen, dass uns ja eine  Berg- und Talfahrt der Finanzen wie in diesem Jahr relativ regelmäßig widerfährt, kann man eigentlich nicht gut sagen, dass das nicht stimmt. In gewisser Weise haben sie selbstverständlich recht – aber nur in gewisser Weise-  denn jedes Mal gibt es andere Gründe für die  unterschiedlichen Gewerbesteueraufkommen. . Wir Freien Wähler wollen (und das beantragen wir heute  auch), dass wir uns trotz der sehr unterschiedlichen Einnahmesituationen  der  vergangenen Jahre auf ein Limit der Ausgaben  oder einen Durchschnittswert von 50 Mio. €   beim Gewerbesteueraufkommen  einigen sollten, den wir für künftige Haushaltsaufstellungen  zu Grunde legen. Damit die Haushalte rechtzeitig geplant und aufgestellt werden können und wir  nicht wieder in die prekäre Situation kommen, zwei Haushalte pro Jahr aufstellen zu müssen, das kostet immerhin auch Geld und Arbeitskraft,  beantragen wir für die Jahre 2016/2017 einen Doppelhaushalt aufzustellen.

Übrigens halten wir unsere Anträge aus der ersten Haushaltsrunde bis auf einen, der sich mit der Beratungszeit für die Gemeinderäte befasst, aufrecht!

Nun wünsche ich uns allen, dass in diesem Jahr nicht noch ein Steuereinbruch kombiniert mit einer überzogenen Verzinsung uns und der Verwaltung das Leben schwer macht.  -bal-

 


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