Krankenhauspolitik

Krankenhauspolitik

Gegenwärtig wird um die künftige Struktur des Klinikverbundes gerungen. Welche Rolle spielt dabei eigentlich das früher so hervorragende Sindelfinger Krankenhaus? Keine.

Vorgeschichte
Das kann man nur aus der Vorgeschichte heraus erklären: Im Jahre 2002 ging es schon vielen Krankenhäusern im Lande infolge gesetzlicher Sparmaßnahmen  schlecht, so auch den Krankenhäusern des Kreises Böblingen. Man bemühte drei Jahre lang erfahrene Gutachter, um eine Plattform für eine gemeinsame Krankenhausgesellschaft mit Sindelfingen zu konstruieren. Der Sindelfinger Gemeinderat lehnte schließlich ab, weil für die Stadt nur erhebliche Risiken erkennbar waren.

Die Stadt Sindelfingen ließ sich sodann nochmals in einem umfangreichen Gutachten bestätigen, dass ihr Krankenhaus finanziell gesund und weiterhin durchaus lebensfähig sei. Der medizinische Ruf war ja unbestritten ausgezeichnet.

Landrat Meier gründete einen neuen Krankenhausverbund der Kreise Böblingen und Calw. Um dessen marode Finanzen aufzubessern, wollte er weiterhin unser Haus einbeziehen. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe, bei der man Synergien hätte nutzen können, wollte er nicht. Er drohte den Sindelfingern ziemlich offen mit harter Konkurrenz zum Beispiel auf Gebieten wie Linksherzkatheter und Orthopädie, durch die auch unser Haus hätte in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen können.

Verantwortliche aus unserer Stadt haben dann doch in  konspirativen Geheimsitzungen mit dem Landrat Verträge für ein gemeinsames Klinikum Sindelfingen-Böblingen ausgearbeitet. Diese (für Sindelfingen nicht besonders günstigen) Verträge sollte dann der Sindelfinger Gemeinderat ohne irgendeine weitere Einflussmöglichkeit „als Paket“ genehmigen. Die Freien Wähler haben als einzige dagegen gestimmt.

Die Abteilungsstrukturen wurden grundsätzlich neu geordnet
Die somit mehrheitlich beschlossene Fusion der beiden Krankenhäuser in Sindelfingen und in Böblingen hatte zur Folge, dass diejenigen Abteilungen, die es zuvor parallel in beiden Häusern gegeben hatte, zusammengelegt wurden. Dann wurden nach und nach alle einzelnen Abteilungen auf die beiden „Betriebsstätten“ des neuen Klinikums verteilt, wobei schließlich die Hauptfächer weitgehend in Böblingen landeten. Eine gleichzeitige Rationalisierungswelle des neuen Geschäftsführers Dr. Weiß traf in brutaler Weise den Pflegebereich und führte zum Verlust seines ehemals so anerkannt guten Rufes. Das Sindelfinger Krankenhaus gibt es seither  nur noch als Immobilie, in der eine „Betriebsstätte“ mit Nebenfächern der Klinikum-GmbH untergebracht ist.

Dem Klinikverbund wurde der ganze Gebäudekomplex auf der Steige kostenlos zur Verfügung gestellt, die Rücklagen von mehreren Millionen wurden ebenfalls abgetreten. Zwar hatte die Stadt Sindelfingen sich ein Mitspracherecht als Gesellschafter und im Aufsichtsrat ausbedungen, der Sindelfinger Einfluss erwies sich aber als unbedeutend, jedenfalls in der Gesamt-Holding. Auf dieser Ebene wurden dann nämlich jene wirtschaftlich katastrophalen Umorganisationen beschlossen, die zu Parallelstrukturen, zu sogenannter innerer Konkurrenz und letztlich zu den heutigen kolossalen Defiziten führten.

Wohnortnahe spezialisierte Krankenhausversorgung ist unrentabel
Der Sindelfinger Gemeinderat hatte der Fusion nur zugestimmt, weil im „Paket“ Synergien durch Abbau von Doppelstrukturen versprochen worden waren. Die Kreisräte haben dann aber unter der Devise einer wohnortnahen Krankenhausversorgung in den kleinen Kreiskrankenhäusern überall neue Spezialabteilungen (natürlich mit neuen Chef- und Oberärzten etc.) eingerichtet, die dann nicht ausgelastet waren, aber immerhin dem zentralen Klinikum Patienten entzogen. In der gegenwärtigen Strukturdiskussion im Klinikverbund und im Kreisrat wird versucht, die unrentablen Mehrfachabteilungen wenigstens teilweise zu stutzen.

Das Sindelfinger Interesse ist nun im Namen der Bürgerinnen und Bürger darauf gerichtet, dass das neue Zentralklinikum, für das ja ein Neubau auf dem Flugfeld errichtet werden soll, beste Arbeitsbedingungen erhält. Dafür wird unsere Stadt (nach tatsächlichem Baubeginn) noch einmal mehr als 6 Millionen Euro stiften. Und es sollen dort wieder alle wichtigen medizinischen Fächer in schlagkräftigen Zentralabteilungen vorgehalten werden, wie es das „Paket“ einmal vorsah. Nur dann kann man mittelfristig gutes Personal halten, genügend klinische Erfahrung ansammeln und beste Betreuung bieten.

Was wird nun aus den Gebäuden auf der Steige?
Dass man ein solches Klinikum sehr viel preiswerter als Erweiterung unseres früheren Hauses auf der Steige hätte erstellen können, habe ich an anderer Stelle ausgeführt. Jetzt steht die weitere Verwendung der Gebäude nach Umzug in den Neubau und somit nach Beendigung der gegenwärtigen Nutzung im Jahre 2020 in den Sternen.   -sei-

 


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